Kolloidales Silber – Kein Arzneimittel!

Dennoch eine medizinische Win-Win-Situation?

Aufsatz über die kollektive Wahrnehmung eines Naturproduktes als vermeint-lichem Heilmittel.

Der Artikel erläutert, aus welchen Gründen eine Klassifizierung von kolloidaler Silberlösungen als Heilmittel oder Arzneimittel nach dem gegenwärtigen wissenschaftlichen Erkenntnisstand nicht zulässig ist, in der kollektiven Wahrnehmung Angehöriger medizinischer Heilberufe und eines breiten Kundenklientels kolloidale Silberlösungen dennoch als Mittel mit gesundheitsfördernder oder heilenden Wirkung Bewertung findet.

Selbst die überzeugsten Vertreter alternativer medizinischer Konzeptionen und Therapieansätze würden nicht auf den Gedanken verfallen, kolloidales Silber oder wie auch immer aufbereitete Silberlösungen unter „Arzneimittel“ im Sinne des deutschen Arzneimittelgesetzes zu subsumieren.

Es handelt sich um Wasser, destilliertes Wasser, (unterschiedlicher Qualität!), mit Zusatz von Silber, (unterschiedlicher Qualität!), im Idealfall von kolloidalem Silber in Nano-Partikelgröße.

Dies ist die Produktbeschreibung – das genau – und nicht mehr.

Zusammengesetzt aus zwei Naturstoffen, Wasser und Silber, kann „Silberwasser“ maximal eine Einstufung als Naturprodukt – mit möglicherweise gesund-heitsfördernder Wirkung – erfahren, mehr nicht, was der Hersteller des gegenständliches Produktes allerdings für das von ihm hergestellte Silberwasser gar nicht in Anspruch nimmt, denn in der Homepage wird ausdrücklich hervorgehoben, dass von jeder Art von Heilaussagen abgesehen wird.

Silberhaltige Produkte finden äußerst weite Verbreitung. Um nur ein Beispiel zu nennen, in Atemschutzmasken, die mit einer Silberimprägnierung versehen worden sind und durch ein großes deutsches Discounter-Unternehmen in großen Stückzahlen vertrieben worden sind.

Als Heilmittel klassifiziert worden ist dieses Silberprodukt deshalb noch lange nicht.

Jedes frische Obst und Gemüse weist durch einen Gehalt an Vitaminen Inhaltsstoffe mit gesundheitsfördernden, wenn nicht gar heilenden Eigenschaften auf.

Schließlich kann – zum Beispiel – Vitamin-C-Mangel zu schweren systemischen Erkrankungen wie Skorbut führen, weshalb der Nichtmediziner, dafür erfahrene Seestratege, Admiral Lord Horatio Nelson, Ende des 18. Jahrhunderts die tägliche Vergabe von Zitronensaft an die Mannschaften seiner Kriegsschiffe vorgesehen hat. Mit dem Erfolg, dass die Besatzungen der Royal Navy nicht mehr an Skorbut  erkrankt sind.

Müssen frische Zitronen daher jetzt als ein Arzneimittel im Sinne des bundes-deutschen Arzneimittelgesetzes Bewertung finden?

Wer solche Vorstellungen tatsächlich ernsthaft verfolgen sollte, versteht die Absichten des bundesdeutschen Arzneimittelgesetzes falsch.

Was die Natur den Menschen eh schon seit Jahrhunderten oder seit Jahrtausenden an gesundheitsfördernden oder sogar heilenden Substanzen und Verabreichungen bietet, muss in dieser Hinsicht durch eine Behörde nicht erst überprüft und abgeklärt werden – es sei denn, solche Substanzen, wie zum Beispiel Cannabis, könnten, zumindest dosisabhängig, auch eine schädliche, eine toxische Wirkung beim Menschen verursachen.

Da so etwas bei Vitamin-C oder Kamille nicht zu erwarten ist, interessiert sich das Arzneimittelgesetz für solche Substanzen auch nicht.

Das Arzneimittelgesetz soll Patienten vielmehr vor potentiell gesund-heitsschädlichen Effekten solcher biologisch, biochemisch und chemisch erzeug-ter Produkte schützen, die im Gegensatz zu in der Natur entstandener natürlicher Stoffe die Ergebnisse gezielter biochemischer Veränderungs- und Herstellungs-prozesse darstellen, durch die, mit der Vorstellung, Substanzen mit bestimmten chemischen und physiologischen Eigenschaften zu erzeugen, zum Beispiel biologisches Ausgangsmaterial wie Schimmelpilze zur Grundlage von Züchtungen erhoben werden, um daraus ein Antibiotikum wie etwa Penicillin herzustellen.

Penicillin markiert eindeutig einen Stoff, den es mit dieser chemischen Zusammensetzung in der Natur so nicht gibt, der erst dadurch entstehen konnte, dass ein Naturprodukt entsprechend manipuliert worden ist.

Dass sich für diese Substanz jetzt eine staatliche Institution als verantwortlich ansieht und eine Eignung eines solchen letztlich künstlich erzeugten Mittels als Arzneimittel streng prüft, liegt im Interesse aller potentiellen Patienten.

Denn es handelt sich um neuartige, künstlich erzeugte Stoffe, die so in der Natur nicht vorkommen können, deren tatsächliche Eigenschaften überhaupt erst einmal herausgefunden und hinsichtlich ihrer Verträglichkeit für den Menschen genau geprüft werden müssen.

So etwas fällt in den Kompetenzbereich der Arzneimittelbehörden.

Dann auch Wasser, in das Silber-Partikel gemischt worden ist? Beides Substanzen, die der Menschheit schon seit Jahrtausenden bekannt sind, einmal als lebensnotwendige Substanz (Wasser), und einmal als im Alltag allgegen-wärtige Substanz (Silber).

Wasser und Silber firmieren ihrer Entstehung und Bedeutung nach nicht minder als – elementare – Naturprodukte.

Und wie wäre dies jetzt zu beurteilen, falls diesem Gemenge aus Wasser und Silber bei Tieren und Menschen eine wie auch immer geartete gesundheitserhaltende oder gesundheitsfördernde Wirkung zukommen sollte?

Bei Wasser ist dies ganz bestimmt der Fall, denn ohne Wasser wäre ein Mensch kaum länger als 8 bis 14 Tage lebensfähig.

Würden diese seit Jahrhunderten, seit Jahrtausenden bekannten Natursubstanzen dadurch jetzt zu Arzneimitteln nach bundesdeutschem Arzneimittelgesetz?

Eher nicht. Denn um zumindest durch theoretische Überlegungen eine Brücke zur Entwicklung eines „systemisch“ im menschlichen Körper wirksamen Arzneimittels auf der Basis von Wasser und Silber schlagen zu können, fehlt es vollkommen an wissenschaftlichen Grundlagen, an wissenschaftlichen Nachweisen einer therapeutischen Wirksamkeit von Silber im menschlichen Körper.

Wohingegen ein solcher wissenschaftlicher Nachweis zum Beispiel bei dem in Zitronen enthaltenen Vitamin-C unstrittig erbracht worden ist.

Das Vitamin-C in Zitronen verhindert nicht nur schwere Mangelerkrankungen wie Skorbut, Vitamin-C funktioniert auch als ein wichtiger Schutzfaktor für den menschlichen Organismus, als ein Antoxidans, als ein „Sauerstoffradikalenfänger“ bei systemischen Infektionserkrankungen.

Diese Zusammenhänge stellt selbst die klassische Schulmedizin nicht in Frage.

Hingegen können durch Experimente nachgewiesene Effekte, dass Silberionen unter bestimmten Laborbedingungen in der Lage sind, Viren und Bakterien abzutöten, nicht einfach so ohne weiteres auf die Verhältnisse innerhalb des menschlichen Organismus übertragen werden.

Bei Vitamin-C steht die kurative Wirkung im menschlichen Körper fest, bei Silberionen in Wasser handelt es sich in Bezug auf eine Wirkung innerhalb des menschlichen Organismus im günstigsten Fall um eine – wissenschaftlich bisher in keiner Weise überprüfte, geschweige denn nachgewiesene und bestätigte – Hypothese.

Wo hier unter anderem das Problem liegt, um zumindest im Zuge theoretischer Überlegungen einen Zusammenhang zwischen kolloidalem Nanosilber und einem Arzneimittel nach bundesdeutschen Gesetz zu schlagen, haben israelische Forscher in einem Fachartikel zu einer experimentellen Studie zur Anwendung von

Metall-Nanopartikel-Kolloiden (NpC) bei beatmeten Intensivpatienten auf den Punkt gebracht[1].

(Text-Zitat) Though marred by the charlatan claims by unprofessional “alternative medicine” commercial products, there is well-established scientiflc research on the antibacterial and antiviral properties of silver NpC. Yet, its potential application for the treatment of respiratory infections has never been properly explored. (Ende des Textzitates)

Übersetzung: Obwohl durch die Scharlatan-Behauptungen von unprofessionellen „alternativmedizinischen“ kommerziellen Produkten beeinträchtigt, gibt es gut etablierte wissenschaftliche Forschungen zu den antibakteriellen und antiviralen Eigenschaften von Silber-NpC. Seine potenzielle Anwendung zur Behandlung von Atemwegsinfektionen wurde jedoch nie richtig erforscht.

Auf diesen letzten Hinweis kommt es entscheidend an.

Trotz einer zunehmend hohen Verbreitung und Vermarktung existieren in überhaupt keiner Weise wissenschaftliche Untersuchungen, geschweige denn Nachweise zu einer systemisch-therapeutischen Wirksamkeit von Silber bei der Behandlung von Atemwegsinfektionen, grundsätzlich zur systemisch- therapeutischen Wirkung von Silber im menschlichen Organismus überhaupt.

In dem Abstrakt zu der experimentellen Untersuchung bei beatmeten Intensivpatienten heißt es im Einzelnen: Für die Behandlung und Prävention von Atemwegsinfektionen analysieren wir zum ersten Mal die Möglichkeit, eine breite Palette von Medikamenten auf der Grundlage von Metall-Nanopartikel-Kolloiden (NpC) durch kontrollierte Aerosolinhalation bereitzustellen.

Basierend auf In-vitro-Daten in Kombination mit Aerosolablagerungs-eigenschaften in den Atemwegen berechnen wir die erforderlichen wirksamen Formulierungen, Dosierungen und Verabreichungsparameter für eine Aerosol-Inhalationsbehandlung. Ziel ist es, eine effektive NpC (Nanopartikelkonzentration) zu erreichen mit hemmender Konzentration (IC) in der Zielflüssigkeit der Atem-wege (ASL).

Wir bewerten die klinische Sicherheit solcher Dosierungen und stützen uns dabei auf Informationen aus Tierversuchsdaten und regulatorische Grenzwerte in den USA für die Sicherheit solcher Nanopartikel-Aerosol-Inhalation. Unsere Analyse zeigt eine breite Palette potenziell sicherer und wirksamer Dosierungen, die klinisch erforscht werden können und auf das obere Atmungs- und Bronchialsystem abzielen. Ähnliche Dosierungen können auch eine antibakterielle Wirksamkeit für die prophylaktische Behandlung auf Krankenhausintensiv-stationen bieten, um das Risiko einer beatmungsassoziierten Lungenentzündung (VAP) zu senken.

Unsere Berechnungen sind phänomenologisch, unabhängig von Mechanismen. Nichtsdestotrotz heben wir einen Wirkmechanismus hervor, durch den jedes passend entworfene NpC mit Nanopartikeln der Größe 2–10 nm und einem großen negativen Zeta-Potential bevorzugt an Viren mit überwiegend positiv geladenen Spike-Proteinen bindet. Diese werden gegen Viren mit überwiegend negativ geladenen Spike-Proteinen unwirksam sein. Dementsprechend dient die beliebte Silbermetallbasis für NpC nur als Konstruktionszutat und andere Metall- oder Metalloxide, die dazu dienen können, die bekannten Nanopartikel-eigenschaften zu konstruieren, wären ähnlich effektiv.

Wir schlagen vor, dass die Inhalationsabgabe der vorgeschlagenen antiviralen Formulierungen als First-Line-Intervention angewendet werden könnte, wenn Atemwegsinfektionen in erster Linie im oberen Atmungssystem und im Bronchialbaum lokalisiert sind.

Diese Ausführungen in der israelischen Studie besagen mehrerlei:

Untersucht worden sind Inhalate, somit anschaulich oberflächliche Anwendungen von Metall-Nanopartikel-haltigen Lösungen, die in von Patienten eingeatmete Aerosole eingeführt worden sind, hingegen keine über Aufnahme in den menschlichen Blutkreislauf systemisch im Körper wirksame Silber-Verabreichungen,

Als ein Zwischenergebnis der der israelischen Studie wird postuliert, dass die für das Erzeugen von Nanopartikeln herangezogen Metalle austauschbar sind, es sich keinesfalls nur um Silber, sondern auch um andere Metalle oder Metalloxide handeln kann.

Die Studie besagt als Ergebnis, dass Metall-Nanopartikel-Kolloiden (NpC) unter bestimmten Bedingungen geeignet erscheinen, an Viren anzudocken.

Von einer therapeutisch nutzbaren Wirksamkeit von Metall-Nanopartikel-Kolloiden ist ausdrücklich nicht die Rede, sondern es wird als Herausforderung an die Wissenschaft in den Raum gestellt, in Zukunft entsprechende experimentelle Studien zur therapeutisch nutzbaren Wirksamkeit von Metall-Nanopartikel-Kolloiden durchzuführen.

Denn es heißt:  Unsere Analyse zeigt eine breite Palette potenziell (hypo-thetisch/möglicherweise) sicherer und wirksamer Dosierungen, die klinisch erforscht werden können und die auf das obere Atmungs- und Bronchialsystem abzielen. Ähnliche Dosierungen können auch eine antibakterielle Wirksamkeit für die prophylaktische Behandlung auf Krankenhausintensivstationen bieten, um das Risiko einer beatmungsassoziierten Lungenentzündung (VAP) zu senken.

Die israelische Studie veranschaulicht, wie wissenschaftlich korrekt gearbeitet wird und welche Zurückhaltung bei der Bewertung ermittelter Ergebnisse zu wahren ist.

Sehr wahrscheinlich haben Intensiv-Patienten, die mit NpC-Inhalaten im Zuge der experimentellen Untersuchungen behandelt worden sind, davon auch klinisch- therapeutisch profitiert, die Autoren der Untersuchung vermeiden jedoch methodisch korrekt einen Anspruch, therapeutische Effekte, die kausal eindeutig auf die NpC-Inhalate zurückzuführen gewesen sein könnten, als Ergebnis der Untersuchung darzustellen.

Denn – nicht nur bei Intensivpatienten, die mit einer Vielzahl unterschiedlicher Medikamente gleichzeitig behandelt werden, stellt sich die entscheidende Frage: sind etwaig beobachtete klinische Verbesserungen tatsächlich auf den Einsatz dieses einen Mittels, hier eines silberhaltigen Präparates, zurückzuführen oder haben hier nicht möglicherweise synergistisch-pharmakologische Effekte ganz anderer Medikamente zufällig zeitgleich eine klinische Remissionen von Erkrankungssymptomen erzielt.

Dabei kommt dem Placebo-Effekt, dem größten Schreckgespenst jeder Pharmastudie, bei Intensivpatienten noch eine relativ untergeordnete Bedeutung zu.

Denn wenn sich der Sauerstoffpartialdruck im Blut erhöht, der CO2-Partialdruck im Blut absinkt, eine Beatmung gegen einen geringerem intrapulmonalen Widerstand möglich wird, (der Beatmungsdruck reduziert werden kann), und wenn vorbestehende febrile Temperaturen abfallen, dann sind dies objektive, präzise operationalisierbare Parameter.

Weitaus schwieriger gerät dies dagegen – als einem typischen Beispiel – bei einem Analgetikum, einem Schmerzmittel, wo die pharmazeutische Industrie den Verbraucher gegenwärtig mit immer neuen Substanzkombinationen beglückt.

Zum Teil zurückgehaltene, nicht offengelegte Studien besagen, dass bei bestimmten Präparaten, die später tatsächlich auch als Arzneimittel zugelassen worden sind, in der Placebogruppe, von den Probanden, denen „Zuckertabletten“ verabreicht worden sind, eine insgesamt vermeintlich höhere therapeutische Wirksamkeit angegeben worden ist, als bei der Versuchsgruppe, die den Wirkstoff eingenommen hat.

In so gelagerten Fällen werden so lange Studien fortgesetzt, bis sich endlich Ergebnisse zugunsten der Wirkstoffgruppe ergeben und diese Studien werden dann elektiv im Arzneimittelzulassungsverfahren vorgelegt.

„Studien“, die diese Wirksamkeit eindeutig nicht nachgewiesen haben, fallen hingegen unter den Tisch.

Die Macht des Placebo, des Eingebildeten, ist also eine ganz Ungeheure.

Ein kaum lösbares Problem bei pharmakologischen Studium stellen allerdings Störgrößen dar.

Ein anschauliches Beispiel: An einer Studie zur Untersuchung der Wirksamkeit eines neu entwickelten analgetischen Wirkstoffes gegen Kopfschmerzen nehmen 10 Probanden in der Kontrollgruppe teil, der Gruppe, die „Zuckertabletten“ erhält. (Ohne dies natürlich zu wissen.)

Jetzt nimmt ein Proband dieser „Vergleichsgruppe“ allerdings auch einen Betablocker ein, ein Proband einen ACE-Hemmer, ein Proband einen Kalziumantagonisten, ein Patient einen Angiotensin-II-Hemmer, ein Patient ein SSRI, ein Proband ein Digitalis-Präparat, ein Proband  nimmt regelmäßig eine Ginsana-Verabreichung, ein Proband  inkorporiert täglich 200 mg DHEA, ein Proband nimmt ein Schilddrüsenhormon, der letzte Proband niedrig dosiert ein niederpotentes Neuroleptikum (Seroquel).

Erstaunlicherweise bewerten nun 8 dieser Probanden der Placebo-Gruppe den Zuckerwirkstoff gegen Kopfschmerzen als „mittelstark bis stark“ wirksam.

Für den Hersteller des Produktes ein fantastisches Ergebnis – wenn es sich um den Wirkstoff gehandelt hätte. Jetzt sind diese fantastischen Wirkeigenschaften durch die untersuchten Probanden aber dem Placebo zugewiesen worden.

Leider bilden die Angaben der Probanden aus der Wirkstoffgruppe, also der Probanden-Gruppe mit dem „richtigen“ Wirkstoff, diese Wirksamkeit nicht ab.

Was lässt sich zur Zusammensetzung dieser wiederum 10 Probanden umfassenden Gruppe sagen?

Keiner der 10 Probanden nimmt eines der Medikamente ein, die von den Probanden aus der Kontrollgruppe eingenommen werden.

In der Wirkstoffgruppe finden sich wieder, einmal ein Lipidsenker, zweimal ein gängiges Antikonzeptivum, zweimal L-Tryptophan, einmal Pregabalin, einmal Lithium, einmal Traumeel, einmal Esomeprazol, einmal Metformin.

Die Wirkstoffgruppe bewertet die Wirkung der zur Erprobung anstehen Substanz als nicht einmal ganz „mittelstark“, wobei allerdings eine hohe Varianz auffällt.

Zwei Probanden geben eine Bewertung im Sinne einer sehr starken Wirksamkeit an, mehrere Probanden bewerten die Substanz mit „gar nicht“ wirksam. (Was ja eigentlich bei der Placebo-Gruppe zu erwarten gewesen wäre.)

Die nette Aufstellung dieser insgesamt 18 in Westdeutschland sehr weit verbreitet gebräuchlichen medizinischen Verabreichungen dürfte deutlich werden lassen, was hier in dieser Studie sehr wahrscheinlich schief gegangen ist.

Tatsächlich untersucht worden sind nämlich Auswirkungen der von den Patienten – ganz unabhängig von dem Studienpräparat – eingenommenen Medikamente.

In der Kontrollgruppe ist bis auf den Probanden mit dem SSRI und dem Digitalis-Präparat eine Einnahme von Medikamenten erfolgt, die mehr oder minder als Nebeneffekt einen direkten oder indirekten Schutz vor dem Auftreten bestimmter Formen von Cephalgien (Kopfschmerzen) erzielen.

Diesen Vorzug haben in der Wirkstoffgruppe nur 2 Probanden genossen, der Proband, der das sehr stark zentral analgetisch wirksame Pregabalin eingenommen hat, und wahrscheinlich der Proband mit dem Traumeel, einem klinisch wirksamen Analgetikum auf pflanzlicher Basis.

Die beiden Spitzenbewertungen des untersuchten Wirkstoffes in dieser Gruppe, der „Wirkstoffgruppe“, sind wahrscheinlich durch diese beiden Probanden erfolgt, die damit „ihr“ Medikament bewertet haben, nämlich Pregabalin und Traumeel, nicht hingegen das Studienpräparat.

Was lernt man daraus?

Probanden, die an einer Pharma-Studie teilnehmen, dürfen unter keinen Umständen irgendwelche weiteren anderen Medikamente während der Durchführung der Studie einnehmen, um solche „Störfaktoren“ auszuschließen.

Denn sonst vermag niemand zu sagen, ob das, was da durch die Studie gemessen und ermittelt worden ist, nicht auf ganz andere Faktoren, eben Störfaktoren, zurückzuführen ist und gerade überhaupt nicht auf das, was die Studie eigentlich messen sollte, nämlich (durch den pharmazeutischen Hersteller erhoffte) Effekte des Studien-Präparates.

Diese Art von Misslichkeiten kumulieren zu unüberwindbaren Hürden, wenn das hehre Ansinnen verfolgt werden soll, eine etwaige klinische Wirksamkeit einer Substanz unter echten lebensnahen Bedingungen zu untersuchen.

Ein Häuflein Heroen, die nicht aufhören, dem pharmazeutischen Lobbyismus Widerstand zu leisten, hat so einen Versuch gestartet und sich trotz vordergründig vorzeigbarer Ergebnisse dem Grunde nach nur blamiert.

Was ist geschehen?

Die systemische Wirksamkeit von kolloidalem Nano-Silber gegen SARS-CoV-2-/Covid-19 bei männlichen und weiblichen Probanden ab einem Lebensalter von 60plus sollte untersucht worden.

Zugunsten des Forschungsansatzes ist zu werten, dass die einzelnen Abläufe und vor allem diagnostischen Feststellungen im Verlauf der „Studie“ mit ausreichender Genauigkeit – vor allem nachvollziehbar, „überprüfbar“ – dokumentiert wurden.

Es wurde eine einheitliche Testsubstanz verwandt, somit nicht etwa kolloidale Nano-Silberlösung von verschiedenen Herstellern.

Womit natürlich – bei der extremen Varianz in der Qualität auf dem Markt befindlicher Produkte – der eigentliche Forschungsansatz darin bestanden hat, ob nun gerade mit diesem einen eingesetzten Mittel, nicht aber mit kolloidaler Nano- Silberlösung überhaupt – möglicherweise – ein therapeutischer oder vielleicht sogar prophylaktischer Schutz gegen SARS-CoV-2-/Covid-19 erzielt werden kann.

Der eigentliche Versuchsablauf ist relativ schlicht ausgefallen.

Sehr ernsthaft und sehr seriös sind alle Probanden darüber aufgeklärt worden, dass es sich keinesfalls um ein Arzneimittel handele, schon gar nicht um ein zugelassenes Arzneimittel, die Einnahme der Verabreichung, zumindest über einen längeren Zeitraum, auch mit gesundheitlichen Risiken verbunden sein könnte.

Hypothetisch sei in Betracht zu ziehen – und Gegenstand der Untersuchung – dass durch die regelmäßige Einnahme dieser Nano-Silberverabreichung für den Fall einer Infektion mit SARS-CoV-2-/Covid-19 ein klinisch milderer Verlauf eintreten könnte.

Für die Teilnehmer der „experimentellen Studie“ (diese sei einmal noch so be-zeichnet) ergab sich insoweit gewissermaßen die Ausgangslage einer medizinischen WIN-WIN-Situation.

Hätten sich Ergebnisse im Sinne der Hypothese einer – zumindest teilweisen oder zumindest in Einzelfällen auftretenden – Wirksamkeit der Nano-Silber-verabreichung gegen systemische SARS-CoV-2-/Covid-19-Infektionen ermitteln lassen, hätten davon nicht nur die „Tester“ – mit einem Aufsehen erregenden Ergebnis – sondern auch die Probanden selbst profitiert, die bei einer SARS-CoV-2-/Covid-19-Infektion einen milderen klinischen Verlauf zu vergegenwärtigen gehabt hätten oder sich möglicherweise sogar gar nicht an „Corona“ infizierten hätten.

Das Projekt erschien den Teilnehmern an der Untersuchung vor allem deshalb sehr attraktiv, weil Ende 2019 von Seiten der etablierten Medizin auch nicht ansatzweise pharmakologische Hilfsmittel gegen diese Pandemie zur Verfügung gestellt werden konnten und die etwaige Perspektive einer Immunisierung noch in weiter Ferne lag.

Die Probanden, in einem Lebensalter von 60+ bis 86 Jahren (zu Beginn der „Studie“) waren gehalten, täglich nicht unter 15 ml dieser selbstverständlich selbst beschafften Verabreichung dieses einen Herstellers einzunehmen.

Den Probanden war freigestellt, die Einnahme fraktioniert drei- bis fünfmal am Tag durchzuführen, das tägliche Dosisäquivalent der Nano-Silberverabreichung nach eigenem Ermessen aber auch auf bis zu 50 ml am Tag zu erhöhen, dies dann aber auch genau zu protokollieren.

Nach den erstellten Einnahmeprotokollen sind dem eine Reihe von Probanden tatsächlich auch so nachgekommen.

Um ein Ergebnis der Untersuchung vorwegzunehmen: Keiner der Beteiligten, die die Nanosilberverabreichung dieses einen Herstellers mit Kontinuität oder diskontinuierlich über einen Gesamtzeitraum von bis zu 2 Jahren eingenommen hat, hat über Neben- oder Begleitwirkungen geklagt.

Der Hinweis, vor und nach Einnahme des kolloidalen Nano-Silbers mit dem Essen und Trinken 20 Minuten zu warten, um einer Resorption der kolloidalen Silberlösung im Darmtrakt gegen zu wirken und so eine Schädigung der Darmflora zu verhindern, wurde von den „gesundheitsbewussten“ und im Bereich eines Gesundheitsmanagements zum Teil hochkompetenten Probanden sehr ernst genommen.

Durch die sehr unterschiedlichen Einnahmegewohnheiten hat die Versuchsreihe eine erste entscheidende methodische Schwächung erlitten.

Die Einnahmeprofile weisen extreme Abweichungen auf und bei keinem Probanden sind Silber-Serum-Wirkspiegel bestimmt worden, was mit einem extremen Kostenaufwand verbunden gewesen wäre.

Es vermag somit niemand zu sagen, ob ein bestimmter Proband über einen Gesamtzeitraum von anderthalb bis 2 Jahren überhaupt mit Kontinuität Nano- Silber im Blut aufgewiesen hat und wenn, mit welcher Konzentration.

Nach Auswertung der Einnahmeprotokolle steht vielmehr fest, dass weitgehend alle Probanden die Einnahme der Testsubstanz über Zeiträume von Wochen bis Monaten auch ausgesetzt hatten, dies insbesondere im Verlauf des Sommers 2020.

Es kann also überhaupt nicht die Rede davon sein, dass tatsächlich eine Untersuchung über einen Zeitraum von bis zu 2 Jahren erfolgt ist, denn die Mehrzahl der Probanden hat innerhalb dieses Beobachtungszeitraums die Testsubstanz mit wiederkehrenden Unterbrechungen über einen Gesamtzeitraum von lediglich 12 bis 14 Monaten eingenommen.

Schon vor diesem Hintergrund stellt sich an dieser Stelle die Frage, was hat die Probanden vor einer SARS-CoV-2-/Covid-19-Infektion geschützt, als sie die kolloidale Nano-Silber Lösung nicht eingenommen haben?

Doch haben sich die Verantwortlichen der Untersuchung noch mit einem ganz anderen Ansatz bei der Umsetzung der Studie selbst in das Knie geschossen.

Da man von dem Bemühen bestimmt gewesen ist, Alterspatienten von einem Lebensalter von bis zu 86 Jahren (zu Beginn der „Studie“) nach Möglichkeit maximal wirksam vor Corona zu schützen, waren die Probanden auch Einnahmeschemata zur Verfügung gestellt worden, sich durch eine komplexe Kombination von „Radikalen-Fängern“, Antoxidantien, wie Vitamin-C (in einer retardierten Verabreichungsform),  Carotinin, Vitamin-E, OPC, (oligomeres Proanthocyanidin, „Weintraubenextrakt“), Curcumarin, Resveratol sowie ACC (Acetylcystein), zusätzlich von Zink als Zinkorotat-POS® (damit noch einem Metallkomplex, nach Aussage des Herstellers einer organischen Zinkverbindung mit hervorragender Bioverfügbarkeit – ausdrücklich auch zur Stärkung des Immunsystems geeignet – nach bundesdeutschen Arzneimittel-gesetz als Arzneimittel zugelassen), sowie zusätzlich noch durch Echinacin, einem in der Medizin anerkannten pflanzlichen Wirkstoff zur Stärkung des Immunsystems, einer Selbstmedikation zu unterziehen.

Den Einnahmeprotokollen konnte ersehen werden, mit welcher Gewissenhaftigkeit und Ernsthaftigkeit diese Behandlungsansätze von den Probanden, wie zu betonen ist, ausnahmslos in einem Lebensalter von 60 plus bis 88 Jahren (gegen Ende der „Studie“), aufgegriffen worden sind

Allerdings variierten diese Antoxidantien-Einnahmen sowie Einnahmen von Zink und Echinacin von Proband zu Proband, nach Qualität und Dosierung hat sich auch nicht ansatzweise eine einheitliche Einnahme der drei unterschiedlichen Substanzgruppen (Antoxidantien, Zink, Echinacin) ergeben.

Es hatte jeder Proband mehr oder weniger die ihm geeignet erscheinende Kombination ermittelt, für sich so vorgesehen, allerdings dann auch in der Mehrzahl der Fälle mit Kontinuität eingenommen.

Völlig offen also die Frage, was könnte die kontinuierliche Einnahme von Radikalen-Fängern, Zink, immerhin einem weiteren Metallkomplex, und von Echinacin in Bezug auf „Corona“ bewirkt haben?

Nun sind Menschen im Lebensalter von mehr als 60 Jahren in der Regel – mehr oder weniger – internistisch krank, zumindest in der einen oder anderen Weise pharmakologisch behandlungsbedürftig.

In den Einnahmeprotokollen finden sich nicht unter 60 verschiedene Substanzgruppen an gängigen internistischen Medikamenten wieder, von denen ein Großteil der Probanden ein oder mehrere Medikamente während des Untersuchungszeitraums als seine internistische Basismedikation zusätzlich tagtäglich eingenommen hat.

Hinzu kam dann noch, dass die Probanden gegen Ende des Datenerhebungs-zeitraumes zu unterschiedlichen Zeitpunkten mit unterschiedlichen Impfstoffen eine Immunisierung gegen Corona erfahren hatten.

Und jetzt zu dem „Ergebnis“ der „Studie“, die natürlich nicht mehr als einen „netten Versuch“ dargestellt hat, Ansprüche an eine wissenschaftliche Studie infolge der ausgeführten methodischen Mängel auch nicht ansatzweise erheben darf.

Von den 50 Probanden, die sich über den vorgesehenen Zeitraum an der Datenerhebung beteiligt haben, ist ein Proband, zu dieser Zeit bereits durch Impfung immunisiert, an dem schweren Verlauf einer Coronainfektion erkrankt, die er glücklicherweise überlebt hat.

Dieser Proband hat nach den Einnahmeprotokollen die vorgegebene Verabreichung nur in den Wintermonaten eingenommen, hatte die Einnahme der Verabreichung allerdings in den der Coronainfektion vorausgegangenen Wochen gewährleistet, hatte somit – theoretisch zumindest – unter Einwirkung von kolloidalem Nano-Silber gestanden, als er an Corona erkrankte.

Mit einem Lebensalter von 72 Jahren hat der Proband einen sehr schweren Erkrankungsverlauf genommen, diesen aber ohne Langzeitkomplikationen überlebt.

Alle anderen 49 Probanden haben während der Beobachtungszeitdauer von anderthalb bis 2 Jahren keine Anzeichen einer Coronainfektion „bemerkt“, sind während des Untersuchungszeitraumes, soweit die entsprechenden Befunderhebungen gültig ausgefallen sein sollten, auch nicht an systemisch-grippalen Infektion anderer Genese erkrankt.

Ein klarer Punktsieg für kolloidales Nano-Silber? 49:1?

Mitnichten – auch wenn dies vom ersten Eindruck her so scheinen mag.

Denn welche Faktoren haben noch alle einen Einfluss darauf genommen, dass die Probanden – dies sei einmal als zutreffend unterstellt – während des Beob-achtungszeitraumes von bis zu 2 Jahren keine systemische Virusinfektion erlitten zu haben scheinen.

Das hat schon angefangen mit der sozialen Mobilität.

Einige der Probanden haben größten Wert darauf gelegt, insbesondere in den Hochphasen der Pandemien zwischenmenschliche Kontakte soweit wie möglich zu meiden. Als Menschen im Rentenstatus war ihnen dies möglich.

Umgekehrt haben sich Menschen im Lebensalter von 68-72 Jahren ungemindert intensiven sozialen Kontakten ausgesetzt, weil sie es sich nicht leisten konnten, ihr Einzelhandelsgeschäft (Bäckereifachgeschäft oder Lebensmittelgeschäft) oder etwa ihre Kanzlei zu schließen.

Nachgewiesenermaßen gegen infektiöse Prozesse hochwirksame Substanzen wie Acetylsalicylsäure oder Bromalein sind bei nicht wenigen Probanden durchgängig und zum Teil hoch dosiert im Spiel gewesen.

Echinacin darf für sich in Anspruch nehmen, die natürliche Immunabwehr eines Menschen zumindest zu unterstützen.

Diese Substanz muss, genauso wie Zink, insgesamt nahezu „Literweise“ bzw. „Kilogrammweise“ von dem untersuchten Klientel im Verlauf der 2 Jahre inkorporiert worden sein.

Und dann begann Ende 2019 ja der Verteilungskampf um Atemschutzmasken.

Grob unterteilt gab es Menschen, die einen solchen Atemschutz im Verlauf der ersten Pandemiewelle zur Verfügung hatten, und einen großen Teil von Menschen, denen das System einen solchen Atemschutz versagte.

Völlig offen bleibt, inwieweit effektive Hygienemaßnahmen sich nicht ent-scheidend auf den Verlauf der untersuchten Probanden ausgewirkt haben könnten.

Der experimentelle Ansatz der vorgestellten ermittelten Daten würde schlagartig zu einer gewissen wissenschaftlichen Aussagefähigkeit gelangen, wenn eine gewisse Randomisierung und die Gegenüberstellung einer Vergleichsgruppe gelungen wäre.

Wenn es möglich gewesen wäre, eine zweite Probandengruppe zu bilden, mit etwa gleicher Zusammensetzung der Probanden nach Alter, Geschlecht und internistischer Vorbelastung, vom Gesamtpool hier auch einem etwa gleichen Ausmaß an internistischer Medikation, die vor allem auch „Radikalenfänger“, Zink sowie Echinacin eingenommen hätten – aber eben nicht kolloidale Silberlösung.

Hätte diese Gruppe jetzt, um ein konkretes Zahlenbeispiel zu nennen, nach Ablauf der 2 Jahre mit einem Ergebnis von 42:8 da gestanden, hätte sich auf einem geringen Signifikanzniveau ein statistisch darstellbarer Unterschied zwischen den beiden Versuchsgruppen ermitteln lassen, und zwar zugunsten der Gruppe, die kolloidales Nano-Silber eingenommen hatte. (49:1).

Diese Vergleichsgruppe mit der Nichteinnahme hat es aber nicht gegeben, obwohl diese sich mit einigem organisatorischen Aufwand wahrscheinlich sogar hätte rekrutieren lassen, denn längst nicht jeder Mensch in einem Lebensalter jenseits der 60 lässt sich von den vermeintlichen Vorzügen einer Einnahme von kolloidalem Nano-Silber überzeugen und noch weniger davon, diese wissenschaftlich bei Menschen nicht untersuchte Substanz über einen Zeitraum von bis zu 2 Jahren einzunehmen.

Bei den Probanden der „Wirkstoffgruppe“ ist hingegen zu großen Teilen eine gewisse Skepsis dem kolloidalen Nano-Silber gegenüber in eine richtiggehende Begeisterung umgeschlagen.

Nicht wenige dieser Probanden vertreten spätestens seit Ende 2021 die felsen-feste Überzeugung, sich mit der kolloidalen Silber-Lösung wirksam vor Corona geschützt zu haben.

Den Hersteller des Produktes berechtigt dies zu der öffentlichen Darstellung, dass Rückmeldungen von Konsumenten seines Produktes besagen, dass diese (nach ihrer Einschätzung) durch die Einnahme von kolloidalem Nano-Silber vor Corona geschützt worden seien.

Es besagt dies allerdings im naturwissenschaftlichen Sinne in überhaupt keiner Weise, dass einer solchen Kausalität tatsächlich Gültigkeit zukommt.

Viel spricht dafür, dass die so begeistert für das Silber-Produkt eingenommenen Probanden entweder nur zufällig oder durch ein komplexes Zusammenwirken einer ganzen Reihe von anderen Faktoren (nicht zuletzt das Vermeiden von Sozialkontakten, das konsequente Einhalten von Hygienevorschriften wie das gewissenhafte Tragen wirksamer Artenschutzmasken, aber auch durch Einnahme von „Radikalenfängern“, aber auch durch die Einnahme von Echinacin, aber auch durch die Einnahme von Zink) vor Corona geschützt worden sein könnten – und sie genau dieselbe klinische Längsschnittentwicklung genommen hätten – ohne die Einnahme von kolloidalem Nanosilber.

Unstrittig ist, dass kolloidales Nano-Silber in der Retorte hochwirksam Viren und Bakterien abtötet.

Eine solche Wirksamkeit jetzt aber auch im menschlichen Organismus zu unterstellen, weil 49 von 50 älteren Menschen unter den ausgeführten Bedingungen über eine Dauer von bis zu 2 Jahren nicht an Corona erkrankt sind, liefe auf genau die Art von Scharlatanerie hinaus, die die israelischen Wissenschaftler in ihrer Studie (vergl. Seite 3) moniert haben.

Die Teilnehmer an der Versuchsreihe, die sich von der Wirksamkeit des kolloidalen Nanosilbers überzeugt zeigen, werden kolloidaler Nano-Silber weiter einnehmen und vielleicht gibt ihnen die Wissenschaft in Zukunft sogar Recht, indem tatsächlich einmal der wissenschaftlich Nachweis erbracht wird, dass eine Monotherapie mit kolloidalem Nano-Silber eine zumindest gewisse antivirale systemische Wirkung im menschlichen Körper zu erzielen vermag.

Bereits jetzt vorliegende Erkenntnisse sprechen allerdings dafür, dass die physiologischen Verhältnisse, um metallischen Nanopartikeln zu einer antiviralen oder bakteriziden Wirksamkeit im menschlichen Organismus zu verhelfen, sehr viel komplexere Anforderungen voraussetzen, nämlich zunächst einmal eine tatsächliche Bioverfügbarkeit von kolloidalen Metallen im menschlichen Körper würde gewährleistet werden müssen.

So in einer tierexperimentellen Untersuchung chinesischer Wissenschaftler, die an Mäusepopulationen eine potentielle Wirksamkeit von kolloidalem Nano-Silber gegen rheumatoide Arthritis untersucht und als ein Ergebnis ermittelt haben, dass mit Silberionen modifizierte Folsäuremoleküle tatsächlich in entzündete Synovial-schleimhaut eingedrungen sind.

Sollte so etwas auch beim Menschen „funktionieren“, hätte sich ein erster biologischer Träger gefunden, der Silberionen zum Ort eines entzündlichen Geschehens im menschlichen Organismus transportieren könnte, nämlich Folsäuremoleküle.

Völlig offen bleibt die Frage, ob kleine Silberionenpartikel, die auch ohne solche biologischen „Träger“ aus dem Blut heraus sehr wahrscheinlich schon auch in menschliches Gewebe eindringen, mehr erzielen, als sich im Gewebe einfach anzureichern und im weiteren Verlauf wieder ausgeschwemmt zu werden.

Dies wäre auch schon ein physiologischer Effekt, von dem aber keine erkennbare therapeutische Wirkung ausgehen würde.

Diese – letztlich durch die fehlenden wissenschaftlichen Erkenntnisse – auf-kommende Unklarheit, ob sich ein Proband, der sich für die Einnahme von kolloidaler Nano-Silberlösung entscheidet, nun in einer medizinischen WIN-WIN-Situation befindet oder nicht, wird vorab bestehen bleiben.

Wer kolloidale Silberlösung mit der Vorstellung einer systemischen Einwirkung auf seinen Körper einnimmt, wird von der Hypothese, einer Vorstellung bestimmt, sich damit ein Agens gegen Erkrankungsprozesse zuzuführen.

Diese Hypothese wird dadurch gestützt, dass eine statistisch schon auffällig hohe Anzahl von Probanden, die zu kolloidaler Nano-Silberlösung greifen, nach ihrer Wahrnehmung über Therapieeffekte berichten, sich davon sogar persönlich überzeugt zeigen.

Ein solches Vorgehen und eine solche Urteilsbildung bleibt ganz in das Ermessen des Konsumenten gestellt.

Ob eingetretene therapeutische oder prophylaktische Effekte jedoch in der Tat auf die eingenommene Silber-Substanz zurückzuführen sind, bleibt in jedem Einzelfall mehr oder weniger offen.

Das individuelle Recht, sich für eine Einnahme von Mitteln zu entscheiden, die aus Sicht eines Patienten therapeutische Entlastung oder sogar therapeutischen Schutz erwarten lassen könnten, ist als individuelle Entscheidungsfreiheit unter den persönlichen Freiheitsrechten einer kultivierten Zivilisation zu subsumieren.

Letztendlich basiert daher gegenwärtig die Entscheidungsgrundlage zur Einnahme von Produkten wie kolloidaler Nano-Silberlösung auf einer kollektiven Meinungsbildung, die auf individualpsychologische und interaktionssoziologische Prozesse zurückgeht.

„Es könnte was dran sein und darum versuchen wir‘s mal, wenn‘s tatsächlich hilft, umso besser – wie und warum, ist ja egal“ – auf diese einfache Formel lässt sich ein Entscheidungsprozess zurückführen, qualifiziert hergestellte Nano- Silberlösung einem breiten Kunden-Klientel als Produkt zur Verfügung zu stellen.

Wer ein solches Produkt verbreitet, definiert sein Produkt als silberhaltiges destilliertes Wasser, als Naturprodukt – zu dem sich eine kollektive Meinungsbildung gebildet hat, von dieser Mischung aus Wasser und Silberionen gehe eine körperliche Heilungsprozesse unterstützende Wirkung aus.

Nach Meinung vieler Kunden und Konsumenten von kolloidalem Nano-Silber ver-hält sich dies so, aus wissenschaftlicher Sicht fehlt es völlig an entsprechenden  Nachweisen, auszuschließen ist dies indessen nicht.

Damit wird aber von Seiten der Konsumenten eine heilmittelartige Wirkung des Produktes Silberwasser postuliert, hingegen ausdrücklich nicht von Seiten der Hersteller, die ihr Produkt lediglich als silberhaltiges Wasser und damit keinesfalls als Arzneimittel im Sinne des bundesdeutschen Arzneimittelgesetzes ausweisen.

Einen hochbetagten, im Beruf hochqualifizierten Bauingenieur türkischer Herkunft, Teilnehmer der „Studie“, dem im Verlauf seiner gesundheitlichen Entwicklung die etablierte Medizin schon das  eine oder andere Mal übelst mitgespielt hat und dem als Konstrukteur erdbebensicherer Unterwassertunnel ein naturwissenschaftlicher Ansatz in seinem analytischen Denken ganz gewiss nicht abzusprechen ist, wird sich gerade deshalb nicht davon abbringen lassen, kolloidales Nano-Silber dieses Herstellers als das Mittel gegen Corona zu wertpreisen, weil es seine Frau und ihn (zu Beginn der Pandemie zusammen  162 Jahre alt) sicher durch Corona gebracht habe.

Und der in der Zwischenzeit 88-jährige lässt sich auch nicht davon abbringen, dieses Mittel kartonweise in sein Heimatland zu verschicken, wo es sowieso bereits als hochwirksames Heilmittel geschätzt wird.

Mit den Eigenschaften eines Arzneimittels nach bundesdeutschen Arzneimittelgesetz hat dies alles nun überhaupt nichts zu tun.

Es wird eine Substanz eingenommen, an deren Wirksamkeit die Kunden und Konsumenten „glauben“, von der sie sich sogar „überzeugt“ zeigen – genau das und mehr nicht.

Doch hat auch dieses Klientel einen selbstverständlichen Anspruch darauf, mit einem nach seinen Erwartungen und seinem Verständnis qualifizierten Produkt bedient zu werden.

Was ja keinesfalls eine Selbstverständlichkeit darstellt.

In der Zwischenzeit auch in die breite Öffentlichkeit vorgedrungen ist als Erkenntnis, dass die pharmazeutischen Hersteller ihre Forschung im Bereich psychotrop wirksamer Substanzen, will heißen Psychopharmaka, Schlafmitteln und vergleichbaren Wirkstoffgruppen, bis auf den schmalen Bereich der als „Antidementiva“ bezeichneten Pharmaka, schon vor Jahren vollkommen eingestellt haben.

Dies bedeutet im Klartext, betroffene Patienten haben im Verlauf der nächsten Jahre ausgehend von der pharmazeutischen Industrie keine Neuentwicklungen zu erwarten.

Wo kommt dann die permanente Fernsehwerbung für neu entwickelte wirksame Schlafmittel her?

Ganz einfach: Das sind alte Hüte. Vor allem aber entdecken die pharmazeutischen Hersteller jetzt eine Vorliebe für Substanzen wie zum Beispiel Melatonin, die Sie zuvor über 20 Jahre lang als vermeintlich wirkungslos bekämpft haben.

Jetzt auf einmal werden, allerdings subtherapeutische, homöopathische Äquivalente von Melatonin, dem erstaunten Publikum als der neueste Durchbruch pharmazeutischer Genialität präsentiert.

Und auch die seit langen Zeiten bekannten Heilkräuter wie Melisse, Hopfen und Baldrian müssen für die Entwicklung neuer Produkte einmal mehr herhalten.

Soweit so gut. Schließlich haben diese im Fernsehen aufwendig umworbenen Pharmaka nach den strengen bundesdeutschen Regelungen des Arzneimittelgesetzes ihre Zulassung erhalten.

Doch was ist da zu hören – von den enttäuschten Apothekern (natürlich nie laut, sondern nur hinter vorgehaltener Hand) „läuft überhaupt nicht“.

Intensivste Präsentation im Schaufenster – doch bestellen sich diese bösen Kunden ihr Melatonin lieber weiter über soziale Medien, ganz legal, ohne gegen Einfuhrbestimmungen zu verstoßen, innerhalb Deutschlands, in von der FDA streng geprüften Verabreichungen höchster Qualität und Wirksamkeit.

Einhellige Meinung zu den neuen Produkten hingegen: „Bringt nichts“, „merke ich nichts von“, „schlafe kein bisschen“ etc. pp – zumindest nach der umfassenden Datenlage, die dem Referenten für diese Ausarbeitung zur Verfügung steht.

Oder reden wir doch einmal von den vielgepriesenen SSRI und SNRI.

Wie viele Betroffene und Therapeuten sagen laut und unmissverständlich, dass sie diese neuen Antidepressiva für nichts anderes als Therapieversager, als bessere Placebos halten, günstigstenfalls als schwache Wirkäquivalente mit der Charakteristik von Amphetaminen?

Auch diese Pharmaka sind selbstverständlich nach dem deutschen Arzneimittelgesetz streng geprüft und gelassen worden.

Bedeutet das jetzt automatisch, dass diese Pharmaka von den betroffenen Patienten auch als wirksam wahrgenommen werden?

Scheinbar ja nicht.

In der Zwischenzeit schwören aber einige 10.000 Menschen allein in der Bundesrepublik auf eine systemische Wirksamkeit von kolloidalem Nano-Silber gegen systemische Virusinfektionen.

Was besagt dies jetzt zum Abschluss?

Bei der Komplexität der Wahrnehmungs- und psychologischen Verarbeitungsprozesse eines menschlichen Konsumenten von Verabreichungen, und Substanzen gleich welcher Herkunft, Art und Zusammensetzung besteht kein koinzideller Zusammenhang zu einer Klassifizierung einer eingenommenen Verabreichung oder Substanz als Arzneimittel oder Nicht-Arzneimittel.

Mit einer statistisch nicht geringen Wahrscheinlichkeit ist davon auszugehen, dass Substanzen und Verabreichungen, die definitiv nicht die Voraussetzungen zu einer Klassifizierung als Arzneimittel erfüllen bzw. erfüllen können, bei Konsumenten und Patienten eine höhere Akzeptanz an Wertschätzung als (vermeintliches) Heilmittel induzieren als solche Substanzen, die nach Maßgabe des bundesdeutschen Arzneimittelgesetzes als Arzneimittel zertifiziert und zugelassen worden sind.

Zur Vermeidung von Missverständnissen scheint es von großer Bedeutung, diese Zusammenhänge nicht aus dem Gesichtsfeld zu verlieren.


[1] (22.Februar 2022) Nanomedicine Formulations for Respiratory Infections by Inhalation Delivery: Covid-19 and Beyond,

(https://www.researchgate.net/publication/340270205_Nanomedicine_Formulations_for_Respiratory_Infections_by_Inhalation_Delivery_Covid-19_and_Beyond)